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Tuesday, September 8, 2020

Ein Schwimmbad und sein Dorf - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung

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Das Bad hat viele Fans. Vor allem Familien mit kleinen Kindern schätzten das übersichtliche Gelände, weil sie so ihren Nachwuchs immer im Blick haben, sagt Andrea Möser. Andere wiederum wussten lange nicht einmal von seiner Existenz. So wie der 85 Jahre alte Mann aus Nieder-Weisel. Der ist zuletzt dem Verein beigetreten und hat ihnen erst einmal eine Schwarzwälder Kirschtorte gebacken. Und weil ihm der Verein und seine Mitglieder so viel Spaß gemacht hätten, habe er gleich für fünf Jahre den Mitgliedsbeitrag entrichtet. „Wer weiß, wie lange ich noch lebe“, habe er seine Entscheidung begründet, erzählt Ottmar Rees, der Kassierer des Fördervereins.

250 Mitglieder hat der Verein, halb so viele wie im Ort leben. Aber so ist es halt in Maibach. Wohnst du hier, dann bist du am besten in einem Verein. Das wissen schon die Kleinsten. Die fangen meist als Zettelbote an. Damit haben sie eine verantwortungsvolle Aufgabe bei einer wichtigen Veranstaltung im Ort: Seit 31 Jahren findet in Maibach ein Triathlon statt. Den richtet der FSV Maibach aus. 300 Meter Schwimmen, 17 Kilometer Radfahren und knapp sechs Kilometer Laufen. Das hört sich nicht nach viel an, aber wie sagt Hermann Holzfuß? „Flach ist es nur im Wasser.“ Soll heißen, das Streckenprofil hat es in sich.

In Maibach wird noch gefeiert

Die Zeiten der Sportler stoppen sie per Hand am Beckenrand und übertragen sie auf einen Zettel. Die Zettelboten flitzen dann in die nahe alte Schule, wo die Daten übertragen werden. Auf der Strecke stehen ebenfalls Helfer, und am Ziel nimmt seit vielen Jahren dasselbe dreiköpfige Team die Endzeit. Andere reichen den Hungrigen die Bratwurst und den Durstigen die Limo oder das Bier. Und die Senioren backen Kuchen für Sportler und Gäste.

So eine Veranstaltung kann nur klappen, wenn viele mitmachen und sich verantwortlich fühlen. Andernorts richten Vereine schon seit Jahren etwa keine Kirmes mehr aus, weil so gut wie niemand mehr Zeit hat, keine Freiwilligen zu finden sind. Nicht so in Maibach. Die haben neben dem Triathlon noch zwei weitere Veranstaltungen. Zum 1. Mai wird gefeiert und im Juli findet üblicherweise das Schwimmbadfest mit Burgern vom Grill und Cocktails statt. Und seit zwei Jahren feiern sie auch hier ein Oktoberfest. Angestoßen von den „Neuen“ im Ort. Damit die Alteingesessenen auch mal in Ruhe feiern können, ohne selbst aktiv zu werden.

Hoffen auf Schwimmbetrieb im nächsten Jahr

In Maibach, dessen Ortskern vom Schwimmbad, dem angrenzenden Feuerwehrgerätehaus, dem Backhaus und dem nahen Dorfgemeinschaftshaus geprägt ist, bieten sie viel. Bleibt aber dennoch die Frage, warum es in diesem Dorf so ist, wie es ist. Warum engagieren sich die Bürger so sehr? Warum ist es selbstverständlich, selbst anzupacken? Bei diesen Fragen herrscht erst einmal Schweigen. So genau können sie es nicht erklären. Vielleicht sei es ja wirklich diese Lage als „Zonenrandgebiet“, mutmaßen sie. Irgendwo zwischen Usingen und Butzbach ist Maibach eher ein kleiner Fleck. Viele erinnern sich noch daran, dass es früher noch nicht einmal eine Straße nach Usingen gab.

In diesem Jahr nun wird ihr Bad renoviert und damit der inoffizielle Dorfmittelpunkt. Da helfen sie natürlich, wo sie können, damit sie vielleicht sogar schon im nächsten Jahr wieder den Schwimmbetrieb aufnehmen können. Die beiden Vertreter des Ortsbeirats erzählen, dass sie da ganz gerne Ergebnisse sehen wollen. Beim Bad und auch sonst. Wenn die anderen in der Stadt noch diskutieren, dann sehen sich die Maibacher nicht selten verständnislos an. Es wäre doch so einfach: „Net schwätze, machen.“




September 08, 2020 at 12:34PM
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